Resilienz

Die heutige Welt stellt viele Anforderungen an jede und jeden von uns – Themen wie die globale Klimakrise, Kriege, Gewaltdelikte, Unfälle, oder auch private Krisen bringen uns alle immer wieder an unsere persönlichen Grenzen.

Wie kann man diese Krisen gut überstehen und dabei psychisch gesund bleiben? Wie schaffen manche Menschen es, trotz harter persönlicher Verluste und schwerer Lebensläufe optimistisch, fröhlich und vertrauensvoll zu bleiben, während andere schon bei kleineren Herausforderungen kapitulieren, den Glauben verlieren und krank werden?

Die Forschung hat herausgefunden, dass ein großer Faktor für psychische Stabilität die Resilienz ist. Wer mehr davon hat, kann mit Krisen besser umgehen und erholt sich schneller von ihnen, kann flexibler auf Herausforderungen reagieren, sich schneller Veränderungen anpassen, und durchlebt große und kleine Alltagskrisen mit mehr Akzeptanz und größerem Lernerfolg für weitere Krisen.

Resiliente Menschen richten sich nach Krisen dank ihrer großen inneren Widerstandskraft nach einer gewissen Zeit wieder auf und gestalten ihr Leben weiter. Ganz so, als hätten sie eine geheime Kraftquelle und einen unerschütterlichen inneren Kompass.

Nur was ist denn nun diese Resilienz? Wo kommt sie her, und kann man sie erlernen?

Das Wort Resilienz stammt vom lateinischen “resilio” ab, was so viel bedeutet wie „abprallen“, „zurückspringen“. Das Psychologie-Lexikon „Dorsch“ definiert Resilienz als Widerstandsfähigkeit eines Individuums, sich trotz ungünstiger Lebensumstände und kritischer Lebensereignisse erfolgreich zu entwickeln. Resilienz manifestiert sich dabei als eine Wiederherstellung normaler Befindlichkeit nach einem Schicksalsschlag.

Erforscht wurde das Konzept, so im Dorsch beschrieben, vor allem bei Kindern, die sich trotz widriger Lebensumstände (z. B. Armut, Gewalt) zu physisch und psychisch unauffälligen und erfolgreichen Erwachsenen entwickelten - wohingegen weniger resiliente Kinder bei gleichen Risikofaktoren ein höheres Risiko für psychische und physische Auffälligkeiten hatten (www. dorsch.hogrefe.com/stichwort/resilienz).

Faktoren, die voraussichtlich zu einer hohen Resilienz beitragen, sind unter anderem biologische, wie zum Beispiel das weibliche Geschlecht oder gute Gesundheit. Außerdem kognitive und affektive Faktoren, zum Beispiel Selbstwert, Intelligenz, realistische Selbsteinschätzung, usw. Auch familiäre Faktoren, wie zum Beispiel die Bindungsqualität innerhalb der Familie oder soziale Faktoren wie positive Bindungen an Personen außerhalb der Familie oder die Qualität der besuchten Bildungseinrichtung zählen dazu.

Die Studien von Emily Warner, die Resilienz an 700 Kindern des Jahrgangs 1955 erforschte, fand einen herausragend wichtigen Faktor für eine hohe Resilienz heraus: Es gab zumindest einen Menschen im Leben der resilienteren Kinder, der stets zu ihnen hielt. Ein Verwandter, eine Lehrerin, ein Bruder oder eine Schwester stand ihnen zur Seite, förderte sie, ließ sie spüren, dass sie ­etwas wert waren. Weitere Studien ­bestätigten dieses Fazit. Mittlerweile gelten eine verlässliche Bezugsperson in der Kindheit und ein tragfähiges soziales Netz im spä­teren Leben als zentraler Faktor für psychische Widerstandsfähigkeit (www.geo.de).

Als weiterer wichtiger Faktor wird die Selbstwirksamkeitserwartung genannt. Wer darüber verfügt, sucht in einer Krise nicht nach Schuldigen, sondern ist sich sicher, dass er/sie sich selbst helfen kann und sucht aktiv nach einem Ausweg - im festen Vertrauen dar­auf, dass dieser gangbar ist. Solche Menschen erleben Krisen so schmerzhaft wie andere, doch der Schmerz lähmt sie nicht.

Zusammengefasst gilt heute also als sicher, dass resiliente Menschen ihr Leben als sinnvoll erachten und erlebt haben, dass sich etwas verändert, wenn man handelt. Außerdem verfügen sie über stabile soziale Kontakte und ein realistisches Selbstbild, das ihnen hilft, Lebensträume und Ziele besser einschätzen und Wege finden zu können, um sie zu erreichen. Auch ein guter Zugang zu den eigenen Gefühlen und Zuversicht machen Menschen resilient. Nach dem Motto: Jetzt ist es schwer, aber es wird besser (www.planet-wissen.de). Resiliente Menschen neigen nicht zum „Katastrophisieren“, wie Psychologen es nennen. Sie malen sich nicht nach Kräften aus, was alles schiefgehen könnte, und ersparen sich dadurch unnötigen Stress. 

Zusätzlich erforschen Wissenschaftler*innen zurzeit noch, ob auch genetische Voraussetzungen die unterschiedliche Ausprägung der Resilienz bei Menschen erklären. Dazu gibt es noch nicht viele gesicherte Ergebnisse, erste Studien deuten aber auf verschiedene biologische Einflussfaktoren hin (z.B. Ausprägung der Gene, Wachstum der Nervenzellen, Umgang des Gehirns mit Stress).

Außerdem muss Resilienz gefördert werden. Wer sich zu sehr schont, Konflikten aus dem Weg geht und meint, im Leben müsse immer alles leicht laufen, schwächt auf Dauer die innere Widerstandskraft.

Wie kann ich nun also resilienter werden, meine persönlichen Krisen und Herausforderungen besser meistern und danach gestärkt statt dauerhaft geschädigt daraus hervor gehen?

Laut der psychologischen Zeitschrift „Psychologie Heute“ ist die Ausprägung von Resilienz kein Schicksal, sondern erlernbar – aber nicht mal eben schnell. Dieser Vorgang steht eher auf einer Stufe mit einer Psychotherapie: Ein langfristiger Prozess, auf den man sich einlassen und den man wollen muss. 

Zum Erlernen von Resilienz gibt es einige Modelle. Eines der oft genannten ist das von der Diplompsychologin Ursula Nuber, das aus sieben Elementen besteht. Sie geht davon aus, dass

  • Optimismus
  • Akzeptanz
  • Lösungsorientierung
  • Verlassen der Opferrolle
  • Übernehmen von Verantwortung
  • Netzwerkorientierung und
  • Zukunftsplanung

 die Resilienz stärken.

Auch die Teilnahme an einem Resilienztraining oder eine psychologisch erfahrene Begleitung können helfen, die Resilienz zu stärken.


IMG_20210419_132912jpg